Das bewaffnete Auge :
Zur poetischen Metaphorik von Mikroskop und Guckkasten
Abstract
Mikroskop und Guckkasten werden in diesem Beitrag als gegensätzliche poetische Metaphern vor allem des 18. Jahrhunderts vorgestellt. Das optische Vergrößerungsgerät erschließt eine bislang unbekannte Welt im Kleinen. Für deren Beschreibung muss eine deutende Sprache erst gefunden werden, die den erstmals unter der Oberfläche der Dinge gesehenen Bildern und Strukturen gerecht wird. Die Wahrnehmung schwankt dabei zwischen ungläubiger Skepsis und überwältigendem Staunen. Hinzu kommt die Einsicht, dass immer tiefere Einblicke auch eine ausschließende Verengung der Perspektive bedeutet. Das optische Instrument des Guckkastens verspricht das gegenläufige Prinzip. Hier kommen Details zu einer Synthese, Einzelbilder verschmelzen in einer magischen Box zu einer Reihe und Geschichte. Dieser ‚Fern-Seher‘ der frühen Neuzeit, der ferne Welten in die Provinz bringt, fungiert als Metapher poetischer Erfindungskraft, der Erinnerung oder eines assoziativen Seelentheaters. Kurz: Das Mikroskop wird zum metaphorischen Hilfsmittel für den analytischen Scharfblick des Dichters, der Guckkasten hingegen zum metaphorischen Werkzeug der sukzessiven, geschmeidigen Verknüpfung von Einzelbildern, die dann im Film auch optisch zum Laufen gebracht werden.