Kein Schauplatz der Eitelkeiten
Das frühneuzeitliche Theatrum Praecedentiae zwischen gelehrtem Diskurs und sozialer Praxis
Abstract
Was die Omnipräsenz der Theatrum-Metapher innerhalb der frühneuzeitlichen Buchproduktion anbelangt, so stellt auch die Zeremonialwissenschaft keine Ausnahme dar. Anhand der beiden prominentesten Beispiele, Johann Christian Lünigs Theatrum ceremoniale historico-politicum und Zacharias Zwantzigs Theatrum Praecedentiae, fragt der Beitrag nach dem Spannungsverhältnis zwischen gelehrtem Diskurs und sozialer Praxis. Beide Autoren verzichten weitgehend auf eine systematische Durchdringung ihres Gegenstandes und entscheiden sich bewusst für eine nur grob gegliederte Zusammenstellung von Zeremonialbeschreibungen und anderem heterogenen Material. Angesichts der Fragwürdigkeit kosmologischer Ordnungsvorstellungen und der zunehmenden Entzauberung des Zeremoniells im 18. Jahrhundert war dies vermutlich die dem Gegenstand angemessenste Form der Darstellung. Die Theatrum-Metapher im Titel kann daher nicht nur als Reminiszens an das barocke Theatrum Mundi gelesen werden, sondern impliziert zugleich den Gestus der Unmittelbarkeit. Die Verweisfunktion des Zeremoniells tritt demgegenüber bereits in den Hintergrund.