Genetic information as part of the “Great Chain of Being”
Abstract
Gegenstand dieses Artikels sind die Diskurstraditionen, auf welchen Schlüsselmetaphern populärwissenschaftlicher Darstellungen zur Genetik und ‚Gentechnologie’ beruhen, z.B. Beschreibungen von Genen als egoistisch handelnden Wesen oder der natürlichen Auslese insgesamt als Akteur oder Beweger der Evolution. Diese Metaphern erinnern stark an vorwissenschaftliche Vorstellungen von Vererbung als Blutsverwandtschaft. Die Theorie von Blut als Erbträger spielte eine prominente Funktion in der NS-Ideologie, sie lässt sich aber bis hin zur antiken „Säfte“-Lehre zurückverfolgen. Es wird die Hypothese entwickelt, dass sowohl der „Blut“-Mythos der Vererbung als auch die Handlungs-Metaphern populärerer GenetikDarstellungen dem Kontext der Theorien einer „Kette des Seins“ (Great Chain of Being) zuzuordnen sind. Dieser bis in die Antike zurück gehende Theoriekomplex war nicht nur von enormer Bedeutung in der westlichen Philosophiegeschichte, sondern liegt auch, wie kognitive Forschungen gezeigt haben, in Form von Idiomen und konzeptuellen Metaphern modernem Sprachgebrauch zugrunde.