Wann verstehen, wann interpretieren wir Metaphern?

Autor/innen

  • Jörg Jost

Abstract

Wann verstehen wir metaphorische Ausdrücke, wann interpretieren wir, um ‚hinter‘ ihre Bedeutung zu gelangen? Ob Hörer bzw. Leser Metaphern (mühelos) verstehen oder ob ein metaphorischer Ausdruck nach Interpretation verlangt, hängt ab vom Metapherntyp, der Ausdrucksform der Metapher und ihrer Anbindung an geteiltes Wissen sowie weiterhin von ihrem Symbolisierungsmodus (Goodman 1976, 1998). In meinem Beitrag zeige ich, dass wir Metaphern desto eher ‚verstehen‘ (mit Gadamer 1990 und Shusterman 1992, 1996), je konventioneller ihre Ausdrucksform und Funktion, je evidenter ihre interagierenden Gemeinplatzsysteme und je gewöhnlicher ihr Modus der Symbolisierung ist. Wo dies nicht zutrifft, wie etwa bei poetischen, lebendigen Metaphern, werden Interpretationshandlungen von Hörern/Lesern notwendig. Zwar können wir in beiden Fällen davon sprechen, dass man ein Verständnis des metaphorischen Ausdrucks gewinnt, dass man den Ausdruck also versteht. Allerdings liegen bei unterschiedlichen Metapherntypen – lexikalisierten, konventionalisierten und poetischen Metaphern – jeweils verschiedene ‚Qualitäten‘ von Verstehen vor, die buchstäbliche bzw. ästhetische Dimensionen aufweisen. Um dem gerecht zu werden, wird eine begriffliche Differenzierung von propositionalem Verstehen einerseits und ästhetischem Erleben andererseits vorgeschlagen, mit der sich das Verstehen von Ausdrücken mit unterschiedlich ausgeprägter Metaphorizität beschreiben lässt.

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Veröffentlicht

2025-07-22

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