Ausgabe 9: Das Starke im Schwachen und das Schwache im Starken?
Der Begriff der 'Vulnerabilität' hat sich zu einem Kernkonzept in gesellschaftspolitischen und wissenschaftlichen Diskussionen rund um sozial ungleich verteilte Zugänge zu Gesundheit und Unversehrtheit, materiellen Ressourcen und sozialer Wertschätzung entwickelt. Die Verbreitung von Vulnerabilitätsdiskursen hängt maßgeblich mit dem Erfolg sozialer Bewegungen zusammen, welche die Diskriminierung sozialer Gruppen mit Verletzbarkeit in systematischen Zusammenhang brachten.
Von Fridays for Future über die Aktionen des Zentrums für politische Schönheit bis zu #metoo – nach Jahrzehnten postdemokratischer Apathie findet eine Wiederentdeckung öffentlicher Räume und des politischen Protestes statt, insbesondere im Ausdruck von Gefühlen. Eine Diagnose, die gleichfalls für rechtsnationale Bürger*innenbewegungen gelten muss. Seit dem „Wutbürger“ stellt sich die Frage, in welchem Zusammenhang solche Widerstände mit Politiken stehen, die bestimmte Gefühle und/oder Affekte strategisch zu orchestrieren versuchen: Wie also wirken Gefühle/Affekte in individuellen wie kollektiven Widerständen? Welche medialen Formen nehmen sie im Netz oder in der Kunst an? Und welche Bedeutung kommt Gefühlen/Affekten in der Erforschung dieser Widerstände überhaupt zu?
